Textilmuseum Rheine zeigt Ikat-Gewebe aus Zentralasien und Indonesien. Eröffnung am 9. Mai 19 Uhr
Ikat-Gewebe ist eine spezielle Gewebetechnik, die in verschiedenen Regionen der Welt anzutreffen ist und in ihrer jahrhundertealten Tradition zu den kulturellen Hochleistungen der Menschheit zählt. Ihr mehr als Tausend Jahre zurückreichender Ursprung wird in China vermutet, von wo aus die Kunst der Ikat-Färbung über die Seidenstraßen nach Zentralasien sowie nach Indonesien gelangte. Dort unter den zentralasiatischen Turkvölkern sowie in Indochina und Indonesien hat diese Technik zweifellos ihre Blüte erlebt und Zentren besonders hochstehender Ikat-Webekunst ausgebildet.
Anders als bei den sonst üblichen Gewebetechniken wird beim Ikat-Gewebe in einer Art Batic-Technik bereits das eigentliche Ausgangsmaterial, die Kett- oder die Schussfäden in einer mehrfach aufeinanderfolgenden Prozedur spezieller Abbinde- und Reservetechnik abge-bunden und gefärbt. Daher auch der Name Ikat, dem Malayischen „Menikat" entlehnt, was soviel bedeutet wie „abbinden". Die charakteristische Musterung entsteht erst dann beim ei-gentliche Webvorgang, beim Zusammenbringen von Schuss und Kette.
Das Produkt sind farbenprächtige Gewebe mit lebhaften Musterungen, die in den Ursprungs-ländern vielfältigen Gebrauch finden, in erster Linie als repräsentative Kleidungstücke, die vormals den herausragenden Stand und Würde des Trägers unterstrich. Aber auch jeglicher anderer Gebrauch ist denkbar, etwa als dekorativer Wandschmuck, Kissen oder etwa als Tisch- und Bettdecke. Auf ihrem Weg entlang der Seidenstraßen, den indischen Subkontinent querend, über Nord-china und Indochina, hin zu der vorgelagerten Inselwelt Indonesiens erlebt die Ikat-Technik eine geistige Vertiefung, mengt sich mit den Religionen, nimmt Motive der Naturmystik auf und verbindet dies mit filigranen Musterungen. Gemessen an dem handwerklichem Geschick und Kunstfertigkeit nehmen diese Ikats in Indonesiens einen herausragenden Rang in Kultus, Religion und Gesellschaft ein – etwa als traditioneller Hüftrock (Sarong) der Männer oder im sakral-liturgischen Bereich zur Ausschmückung von Tempelanlagen. Somit ist Indonesien zweifellos eines der ausgewiesen Hochzentren der Ikat-Technik.
Es gehört sicherlich zu dem Phänomen der Ikatgewebe, das die Technik über den frühkoloni-alen Handelsverkehr und Kulturaustausch auch in anderen Regionen der Erde Verbreitung fand, etwa im Sudan und in einigen Regionen Westafrikas, in Süd- und Mittelamerika bei einigen Indianer¬völkern. Über spanische und holländische Kaufleute kam Ikatgewebe nach Westeuropa. In Frankreich wurde im späten 17. Jahrhundert sog. Chiné als modisches Ikat-Gewebe überaus geschätzt. Ebenso wird die Ikat-Weberei auf Mallorca bis auf den heutigen Tag betrieben.
Nachdem die Ikat-Tradition in vielen Ländern nahezu zum Erliegen kam, erlebt Ikat-Gewebe als Träger kultureller Identität und Tradition vielerorts eine gewisse Wiederbelebung, so etwa in den ehemaligen Sowjetrepubliken als auch in den jahrzehntelang von Krieg und Völkermord malträtierten Ländern Südostasiens. Aktuell erzielt Ikat-Gewebe in modernen Designs als „Ethno- oder Folklore- Ikat" erhebliche Beachtung und Medienpräsenz. In der Ausstellung werden die Bestände zweier Ikat-Sammlungen präsentiert, die beide Hauptzentren der Ikatweberei, Zentralasien und Indonesien, vorstellen. Dabei werden auch Ausflüge in andere Ikat-Regionen unternommen, die hiermit die unmittelbare Gegenwart und ihre Ikat-Produkte berühren. Lassen Sie sich faszinieren von der uralten und heute noch hoch aktuellen Ikat-Gewebetechnik- Ein Vortrag in der Ausstellung von Prof. Dr. Dieter Metzeler – am 14. Mai, 19.30 Uhr – ist dem erfolgreichen Kulturtransfer der Ikatgewebe gewidmet: „Textilien als Kulturträger ent-lang der Seidenstraße". Die Ausstellung im Textilmuseum Rheine, Humboldtplatz 4 wird am 9.05 eröffnet und bis zum 27. Mai gezeigt, jeweils am Mittwoch 15-18 Uhr und Samstag/ Sonntag von 11-18 Uhr.
|